Astronomie - ein Orchideenfach?
Auch nach dem Jahr der Astronomie gibt es nur wenig Lehrkräfte, die das Wissen über die Stellung der Erde im Universum in ihrem Unterricht thematisieren. Natürlich: die Zeit ist knapp, und die Anforderungen an die Schule sind immer weiter gewachsen. Eine Liste aller Themen, deren Behandlung nebst den Kernfächern als wünschbar bezeichnet wird, würde ja Seiten füllen. Aber nicht nur die Astronomie, die Naturwissenschaften insgesamt sind in der Primarschule fast verschwunden. Die bösen Zeitungstitel: "Lehrer wissen nur wenig mehr als ihre Schüler" dürften sich denn auch auf die Naturwissenschaften bezogen haben, wohl kaum auf Sprache und Rechnen.
In den Mittelschulen wird die von den Lehrern seinerzeit vorausgesagte Niveausenkung durch die Maturitätsreform 1995 sogar für Politiker langsam erkennbar und man beginnt, sanft Gegensteuer zu geben und die Naturwissenschaften wieder etwas mehr zu gewichten. Aber auch hier kommt die Astronomie nur vor, wenn der Physiklehrer speziell interessiert ist und z.B. die Mechanik mittels astronomischer Inhalte vermittelt.
Und was geschieht an unseren Hochschulen? Im 547. Jahr ihres Bestehens hat die Uni Basel die Astronomie als Orchideenfach bezeichnet und trotz Protesten kurzerhand abgeschafft. Dass die heutige Astronomie in einer fruchtbaren Wechselbeziehung zur Elementarteilchenphysik steht, hat man immerhin an andern Orten begriffen, sei es an der ETH, am PSI oder am CERN. Dessen Direktor, Rolf-Dieter Heuer, erwartet jedenfalls vom LHC (dem neuen Beschleuniger) wesentliche Erkenntnisse für die Astronomie.
Natürlich ist diese Astronomie nicht mit den Tätigkeiten von uns Amateuren vergleichbar, und natürlich haben wir auf die Hochschulpolitik keinen Einfluss. Aber für die Primar- und Sekundarstufe hätten wir schon Einiges zu bieten. Und es gibt ja auch ermutigende Beispiele. So setzt sich etwa Erich Laager seit Jahren in der Weiterbildung der Lehrkräfte ein und entwickelt Materialien für den Unterricht, die er gerne zur Verfügung stellt. Auch in Luzern wissen wir von erfolgreichen Weiterbildungskursen. Die Nachfrage der Lehrkräfte ist offenbar da, nur das Angebot scheint an den wenigsten Orten zu stimmen. Zum Teil liegt es daran, dass die Erziehungsdepartemente Kursangebote von Amateur-Astronomen nicht als Weiterbildung anrechnen. Aber es fehlt wohl auch an der Initiative von Seiten der Amateure. Diese sollten in ihren Ortschaften aktiv den Kontakt zu den Schulen suchen und Angebote machen, seien es Kurse für Lehrkräfte, Beobachtungsabende oder Vorträge / Diskussionsstunden mit den Schülern.
PS. Wikipedia erklärt den Begriff "Orchideenfach" so:
In der Kritik stehen diese Fächer oft von den geldgebenden Stellen. Es wird kritisiert, dass es sich wirtschaftlich nicht lohne, einen Professor und seine Mitarbeiter für so wenige Studenten zu bezahlen. In diesem Zusammenhang wird Orchideenfach auch als abwertender Begriff für einen Studiengang verwendet, dem man Weltfremdheit, mangelnden gesellschaftlichen Nutzen und fehlende Berufsperspektiven unterstellt und ihn daher auch mit hoher Arbeitslosigkeit assoziiert