Buchpreisbindung: Was hält ein Sachbuchautor davon?
Die Frankenstärke ist in aller Munde. Soll man über die Grenze ins benachbarten Euroland einkaufen gehen und damit Arbeitsplätze in der Schweiz gefährden, oder zähneknirschend die übersetzten Preise bezahlen?
Während sich die Grossverteiler einen Konkurrenzkampf um die verbliebenen Schweizer Käufer liefern, wollen sich die Buchhändler mit Hilfe der wieder einzuführenden Buchpreisbindung die Margen sichern. Aber die freie Preisgestaltung, wie sie jetzt gilt, führt bei den Büchern zu unglaublichen Unterschieden. Diese dürften im Weihnachtsgeschäft 2011 wegen des noch einmal geringeren Eurokurses zu noch grösseren Exzessen führen.
Erinnern wir uns an das letzte Jahr. Beim Erscheinen des Sternenhimmels 2011 verglichen wir die Preise. Bezahlt wurden in Buchhandlungen zwischen Fr. 32.85 und Fr. 49.90, bei Internetbestellungen (mit Porto) zwischen Fr. 28.75 und 50.40.
Das kann man nun vergleichen mit dem vom deutschen Verleger festgesetzten Verkaufspreis (der für ganz Deutschland verbindlich ist), umgerechnet zum damaligen Kurs. Es ergäbe sich ein Verkaufspreis von Fr. 35.52.
Und jetzt: Soll man für die Buchpreisbindung sein, damit alle den gleichen Preis zahlen müssen, obwohl es offenbar auch günstiger geht. Oder soll die Preisbindung definitiv aufgehoben bleiben – und wer sich nicht übers Ohr hauen lassen will, muss halt die Preise vergleichen?
Die Willkür der Buchpreisgestaltung ist ein Ärgernis, die oben erwähnten Preise sind zum Teil skandalös. Wenn für ein Buch statt der gerechtfertigten Fr. 35.52 Preise bis zu 50 Fr. verlangt werden, zeigt das eine schamlose Ausnützung der Käuferschaft. Die Überlegungen von Thalia u.a. scheinen dahin zu gehen, dass die regelmässigen Käufer auch den neuen Jahrgang erwerben werden, also kann man den Preis unverschämt nach oben setzen. Dass auf diese Art keine spontanen neuen Sternenhimmel - Käufer gefunden werden können, kümmert die (Gross-) Buchhändler nicht - aber dadurch wird der Sternenhimmel mit der Zeit vom Buchmarkt verschwinden.
Hat man zunächst befürchtet, durch die Aufhebung der Buchpreisbindung würden die kleinen Buchhandlungen gefährdet, muss man sich jetzt offenbar um die Vielfalt des Buchangebots Sorgen machen. Ausgerechnet in einer Zeit, in der Buchinhalte vermehrt auf elektronischem Weg verbreitet werden, beschleunigt der Buchhandel seinen Untergang durch Masslosigkeit in der Preisgestaltung.
Die Umrechnung von Auslandpreisen ist übrigens seit Jahrzehnten ein Ärgernis. Bereits die DM-Preise wurden mit einem "Wechselkurs-Absicherungszuschlag" und einem "Lebenskostenzuschlag" umgerechnet. Dazu kam noch die Aufrundung auf "Buchhandelspreise": damals war ein Buchpreis grundsätzlich 80 Rappen über dem ganzen Frankenpreis. Ein Buch kostete also z.B. Fr. 7.80 oder Fr. 12.80, aber niemals Fr. 12.50.
Sollte die Buchpreisbindung doch wieder eingeführt werden, müssen die Auslandpreise gemäss dem Wechselkurs umgerechnet werden, alles andere werden die Käufer nicht mehr akzeptieren. Sicher ist nur: das Buch als Kulturgut wird nicht nur durch Schnäppchenpreise für Bestseller gefährdet, sondern mehr noch durch übersetzte Preise für das generelle Angebot.
"Macht unsere Bücher billiger; macht unsere Bücher billiger; macht unsere Bücher billiger": der dreimalige Hilferuf Tucholskys an seinen Verleger Rowohlt richtet sich heute auch an den Buchhandel !