Heute eine Schaltsekunde
Schaltsekunden wurden erfunden, als man 1972 von der astronomischen Sekundendefinition auf eine rein physikalische überging. Weil am Himmel nichts konstant ist, hatte man mit zunehmender Genauigkeit Mühe, für die Sekunde eine astronomische Definition zu finden, die konstant bleibt und die problemlos reproduzierbar ist. So schloss man die astronomische Zeitrechnung an die schon bestehende "Atomzeitskala" an, die spezielle Schwingungen von Cäsiumatomen abzählt.
Mit der erreichten Genauigkeit ergab sich dann, dass die Erdrotation zu wenig konstant ist. Generell wird die Rotationsbewegung abgebremst, weil ihr die Gezeitenreibung Energie entzieht. [Im Sternenhimmel 2013 wird dieser Vorgang genau erklärt.]
Damit die "bürgerliche" Zeit aber trotzdem im Mittel mit der Sonne übereinstimmt, muss man hie und da die Uhren anhalten, um die Erdrotation "aufholen" zu lassen.
Nun scheint es aber Probleme bei technischen Einrichtungen zu geben. Aus Amerika und Frankreich wurden Stimmen laut, die verlangen, keine Schaltsekunden mehr einzufügen und die Weltzeit (und damit alle gesetzlichen Zeiten) von der Erdrotation (und also vom Tag- und Nachtzyklus) weglaufen zu lassen. Nach mehreren Jahren der Diskussion hat man nun im Januar 2012 beschlossen, ... noch nichts zu beschliessen. Man will weitere drei Jahre darüber diskutieren und erst dann endgültig entscheiden.
Wo liegt das Problem? Bis jetzt konnte man jedenfalls auch den GPS-Satelliten die Schaltsekunde beibringen, und die Sicherheit des Flugverkehrs hat darunter nicht gelitten. Vielleicht gibt es Probleme in einem ganz andern Bereich: an der Börse! Der Aktien- und Devisenhandel wird ja heute durch Computerprogramme ausgelöst, die in Millisekunden (oder noch schneller) Käufe oder Verkäufe auslösen, wenn sie minimalste Gewinnchancen erkennen. Und in diesen Fällen werden riesige Beträge hin- und her geschoben, so dass auch die kleinsten Kursverschiebungen lohnende Gewinne bewirken. Es ist vorstellbar, dass eine Schaltsekunde da ein Chaos anrichten könnte.